Seit vielen Jahren sind die positiven Effekte von Ausdauertraining auf die Gesundheit unumstritten. Studien belegen eine signifikante Senkung des Blutdrucks und eine Verbesserung des glykemischen Haushalts bei bis zu fünfmal moderater Ausdauerbelastung von 30 Min. pro Woche (Froböse in Running a. Health).
Die Wirkung von moderatem bis intensivem Krafttraining sind viel weniger bekannt und erst in der letzten Zeit findet man Studien, die mit positiven Resultaten überraschen.
Ich möchte hier auf drei Themenartikel hinweisen, die Krafttraining als Behandlungsmaßnahme bei Krankheiten befürworten, die außerhalb der bekannten Anwendungsgebiete der Orthopädie liegen, Diabetes Typ 2, COPD und Parkinson.
In einem Artikel von König et al aus 2011 in der Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin berichtet der Autor über die positive Wirkung von Krafttraining auf die Insulinresistenz. Die Wirkung ist in mehreren Studien belegt. Je nach Studie liegen Angaben vor, dass der HbA1c zwischen 0,6 und 1% gesenkt werden kann. Der HbA1c ist der „Langzeitblutzucker“. Er gibt Auskunft über den Blutzucker der letzten 8 bis 12 Wochen. Der Normwert liegt bei 5%. Ab 6,5 % bis 7% gibt es Interventionsbedarf.
Die erste Stufe der Intervention ist Bewegung in Kombination mit Umstellung der Ernährung.
Krafttraining, dreimal pro Woche, wenn alle großen Muskelgruppen mit einer Intensität von 70 bis 80 % der Maximalkraft trainiert werden, führt zu der oben genannten Wirkung. Es ist weniger die Zunahme der Muskelmasse über die die Verbesserung erreicht wird, sondern es sind metabolische und strukturelle Adaptionsmechanismen die während des Krafttrainings ablaufen.
Damit liegen die Resultate des Krafttrainings gleichauf mit denen von Ausdauertraining. Gerade bei älteren Menschen, die vermehrt von Diabetes Typ 2 betroffen sind, ist aufgrund körperlicher Einschränkungen das Ausdauertraining nicht immer ausreichend intensiv möglich. Die Übungsauswahl beim Krafttraining dagegen kann individuell angepasst werden.
Die besten Resultate werden erzielt, wenn beide Trainingsarten, Ausdauer- und Krafttraining, im Verlauf der Woche kombiniert werden.
Zu ähnlichen Schlussfolgerungen kommen die Autoren Yang et al in ihrer Metastudie (Sports Med Apr. 2014). Die Autoren vergleichen die Wirkung von Trainingsprogrammen im Ausdauerkraftbereich und im Hypertrophiebereich bei Diabetes Typ 2 Patienten. Beide Programme führen zu einer signifikanten Verbesserung der Blutzuckerwerte und sind somit als Training für Diabetes Typ 2 Patienten geeignet. Zwischen den Resultaten der beiden Trainingsprogramme gab es keine signifikanten Unterschiede.
Grace et al berichten (cardiovasc. Diabetol März 2017) über ihre Übersichtsstudie aus 27 Studien. Die untersuchten Trainingsprogramme variierten von 4 Wochen bis 1 Jahr bei 2 bis 5 Trainingseinheiten pro Woche. Das Krafttraining wurde beschrieben von moderat bis hochintensiv. In diese Meta-Analyse wurde das hochintensive aerobe Krafttraining als das effektivste empfohlen.
In eine Studie von Boeselt et al; 2017 zeigt sich, dass auch COPD Patienten von Krafttraining profitieren. Ein Trainingsprogramm umfasste die gesamten großen Muskelgruppen. Die Intensität der Belastung wurde individuell auf die Patienten zugeschnitten. Gestartet wurde mit 35 % der Maximalkraft. Während eines dreimonatigen Trainings, das zweimal pro Woche stattfand, wurde die Intensität auf 75 % erhöht. Die Trainingseffekte wurden an einem sechs Minuten Gehtest ermittelt. Die Verbesserungen waren signifikant. Darüberhinaus verbesserten sich die Muskelmasse und die Lebensqualität.
Dass die Muskelmasse bei Krafttraining zunimmt ist sicher auch bei COPD Patienten nicht verwunderlich.
Interessant finde ich, dass der Parameter Gehstrecke sich verbessert, den man eher mit Ausdauertraining in Verbindung bringt. Gerade für COPD Patienten ist dies ein sehr wichtiger Faktor. Somit verwundert es nicht, dass die Lebensqualität als verbessert angegeben wird.
Eine Studie von Santos et al, Eur.J.Phys. Rehabil. Med 2017, gibt erste Hinweise darauf, dass Patienten mit akinetischem rigiden Morbus Parkinson von Krafttraining profitieren. In dieser Studie gab es keine Vorgabe, welche Intensität in Bezug auf die Maximalkraft angestrebt werden soll. Die Anfangsintensität und auch die Steigerung über 16 Trainingseinheiten von 1 bis 1,5 Stunden in 8 Wochen wurden individuell angepasst. Bei den Patienten verbesserten sich die Balancefähigkeit, der Gang und die Lebensqualität. Es wird nicht berichtet, wie weit fortgeschritten die Krankheit war.
Ich finde es interessant zu sehen, wie sich das Image des Krafttrainings in den letzten 20 Jahren gewandelt hat. Von „Hinterhofbude“, „Männerdomäne“ und „Schwarzenegger-Typen“ hin zu Physiopraxen, alle Geschlechter, alt und jung und Patienten. Gut angewendet erobert das Krafttraining seinen Platz im Gesundheitswesen. Dieser Platz steht ihm zu.
Else