Manuelle Therapie bei Hüftgelenksarthrose – das ist die Therapieoption! So lernt es zumindest jeder Physiotherapeut in seiner Ausbildung und sehr spezifisch in den Fortbildungskursen der Orthopädischen Manuellen Therapie.
Doch wirkt sich die MT tatsächlich positiv und messbar auf Alltagsfunktionen wie beispielweise Gehfähigkeit aus? Tritt eine Schmerzreduktion ein? Und wird das Bewegungsausmaß größer? Dies ist mein Thema heute im Blog.
Genau die Fragestellung wurde im Rahmen einer multizentrischen Studie an vier Lehrkrankenhäusern in Irlands Hauptstadt Dublin untersucht. Insgesamt waren 131 Patienten an der randomisierten kontrollierten Studie beteiligt. Bemerkenswert ist zunächst die Rekrutierung der Patienten: Alle Patienten wurden über ärztliche Wartelisten für Physiotherapie rekrutiert. Es gab drei Gruppen für den Vergleich, die Interventionen gingen über einen Zeitraum von 8 Wochen:
Gruppe 1 Training / Übungen
Gruppe 2 Training / Übungen & Manuelle Therapie
Gruppe 3 Kontrollgruppe (Warteliste)
Gruppe 1: (6 bis 8 Termine à 30 Minuten): Zielstellung Kräftigung der Glutealmuskulatur (low load) und Beweglichkeitsverbesserung. Beratung/Anleitung zur Durchführung von Hausübungen und Herz-Kreislauf-Ausdauertraining wie etwa: Nordic Walking, Schwimmen, Radfahren. Empfehlung 5 x wöchentlich. Zusätzlich gab es ein Merkblatt zur Dosierung und Steigerung der Übungen sowie zur Integration des Trainings in den Alltag.
Gruppe 2: (6 bis 8 Termine à 45 Minuten): 30 Minuten aktive Übungen (wie Gruppe 1), zusätzlich 15 Minuten Manuelle Therapie.
Gruppe 3: Warteliste
Ergebnis: Alle Teilnehmer von Gruppe 1 und 2 verbesserten sich in Funktion und Beweglichkeit, nach der Intervention – und nachhaltig nach 4 Monaten. Es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen, einzig die Patientenzufriedenheit der Gruppe 2 (mit MT) war größer. Obwohl auch die Ergebnisse anderer Outcomes besser waren als in der Trainingsgruppe – statistisch signifikant waren sie nicht.
Glaubt man der irischen Studie, hat Manuelle Therapie im Vergleich zu konventionellem Training also keinen bedeutsamen Vorteil! Hm und doch… Patientenzufriedenheit ist ein wichtiges Kriterium, um Patienten an unsere Einrichtung, unsere Praxis, unser Institut – neu oder anhaltend – zu binden. Und noch ein wichtiger Punkt: OMT – Orthopädische Manuelle Therapie – beinhaltet das komplette Programm: Untersuchung und Diagnosefindung, Mobilisation, Schmerzbehandlung, Training und Instruktion. Also nicht nur 15 Minuten passive Mobilisation!
Auszüge aus den Trainingsprotokollen:
- Dehnung: Hüftflexoren – und Adduktoren, Hamstrings, Außenrotatoren/ Innenrotatoren, Hüftextensoren
- Muskelaufbautraining: Glutaeus maximus/ medius in BL, RL, SL, Stand. Aktivierung M. psoas major in SL, RL
- Funktionstraining: Step-up, step down, lateral step-up, Kniebeuge
Literatur: French, H. et al. Exercise and Manual Physiotherapy Arthritis Research Trial (EMPART) for Osteoarthritis of the Hip: A Multicenter Randomized Controlled Trial. Archives of Physical Medicine and Rehabilitation 2013;94:302-14.
Ist Patienten-Bindung wirklich das Ziel von Physiotherapie/Manueller Therapie? Sollte es nicht eher um die Förderung der Selbstbestimmtheit und Selbstwirksamkeit der Patienten gehen, um diese eben NICHT regelmäßig in der Praxis behandeln zu müssen. Wäre Bindung eines unserer Ziele, bräuchten wir keine Evidenz die die Qualität unseres Handelns steigern soll. Dann könnten wir uns auch den Handauflegern dieser Welt anschließen.
Ich finde du hast nicht unrecht zu sagen, dass der Unterschied „mehr Zufriedenheit“ durchaus relevant ist, aber ich finde deine Schlussfolgerung nicht therapeutisch sondern eher wirtschaftlich gedacht. Das finde ich schade und langfristig betrachtet, schadet solch eine Denkweise unserer Berufsgruppe anstatt sie zu fördern.