Eine wichtige Frage, welche Patient*innen sich manchmal stellen, ohne uns direkt darauf anzusprechen. Die Antwort darauf ist aber auch nicht eindeutig und kann von Therapeut zu Therapeut variieren. Was genau Patienten und Patientinnen sich darunter vorstellen und wie gut diese aufgeklärt sind, wird in diesem Artikel mithilfe der Studie von Demoulin et al. (2018) erläutert.
Doch bevor wir uns anschauen, wie Patient*innen sich Knackgeräusche erklären, schauen wir uns erstmal an, was das Knackgeräusch überhaupt ist.
Durch das ruckartige Auseinanderziehen von Gelenkfacetten wird ein Geräusch produziert. Es gibt zwei Mechanismen, die für dieses Knackgeräusch vorschgeschlagen werden: zum einen die Kavitation (Unsworth et al. 1971), das Kollabieren von Gasbläschen, die sich bereits im Gelenk befinden. Zum anderen die Tribonucleation (Kawchuk et al. 2015), die Produktion von Gas durch die Separation von Gelenkfacetten. Da die Studien zugunsten der Tribonucleation noch keine generalisierte Aussage ermöglichen, wird die Annahme der Kavitation derzeit noch bevorzugt.
Es bleibt zu betonen, dass dieses Kavitationsgeräusch keine “Reposition” des Gelenkes indiziert.
Zurück zur ursprünglichen Frage, wie unsere Patienten und Patientinnen das Knackgeräusch aufnehmen und es sich erklären. Demoulin et al. (2018) führte zu diesem Thema in Belgien eine Studie durch.
Was wurde gemacht ?
Hierbei wurden 100 Probanden und Probandinnen rekrutiert und in einem eins-zu-eins Interview zu ihrem Wissen über Manipulation der Wirbelsäule befragt. Es wurden Proband*innen mit und ohne Rückenschmerzen eingeschlossen. Von den 100 Teilnehmenden waren 40 bereits mindestens einmal in ihrem Leben manipuliert worden, 60 wurden noch nie manipuliert. Die Befragungen beinhalteten offene Fragen wie “Was ist das Knackgeräusch bei der Manipulation (Und woher kommt es)?” und “Ist ein Knackgeräusch ein Indikator für eine erfolgreiche Manipulation?”
Ergebnisse
72% der Befragten berichteten bzw. glaubten, die Kavitation würde durch die Reposition des Wirbels oder das Aneinanderreiben der Gelenkflächen produziert werden. Nur 9% schrieben das Geräusch der Kavitation dem Kollabieren von Gasbläschen im Gelenk zu. Bemerkenswert ist jedoch, dass es keinen Unterschied in der Antwort zwischen den Gruppen gab, egal ob diese bereits manipuliert worden sind oder nicht.
Bedeutung für die Praxis
Diese Studie ist ein Indikator dafür, dass Patient*innen oft über einfache Prozesse der Behandlung nicht informiert werden. Dieser Mangel an Aufklärung führt leicht zu weiteren Zweifeln auf Patient*innenseite, die aufgrund des unbekannten Geräusches den Eindruck bekommen, irgendetwas sei verschoben/eingeklemmt/verklebt/verdreht und nur die Therapeut*innen könnten das richten. So kann die Fähigkeit der Patient*innen, sich selbst zu helfen, reduziert sein, und so ihre Selbsteffizienz und Eigenverantwortung im eigenen Heilungsprozess vermindert werden (Buchbinder et al. 2018). Es ist unsere Pflicht als Therapeut*innen, in erster Linie aufzuklären und sicher zu stellen, dass Patient*innen verstanden haben, welche Behandlungen gemacht werden und welche Mechanismen dahinter stecken. Auch wenn wir damit unser Geld verdienen, sollte unser primäres Ziel sein, die Patient*innen von der Therapie so weit wie möglich zu emanzipieren.
Literatur:
Buchbinder, R. et al., 2018. Low back pain: a call for action. The Lancet, 391(10137), pp.2384–2388.
Demoulin, C. et al., 2018. Beliefs in the population about cracking sounds produced during spinal manipulation. Joint, bone, spine: revue du rhumatisme, 85(2), pp.239–242.
Kawchuk, G.N. et al., 2015. Real-Time Visualization of Joint Cavitation. PloS one, 10(4). Available at: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4398549/ [Accessed April 15, 2019].
Unsworth, A., Dowson, D. & Wright, V., 1971. “Cracking joints”. A bioengineering study of cavitation in the metacarpophalangeal joint. Annals of the rheumatic diseases, 30(4), p.348.