Mittlerweile findet man in der Literatur eine Vielzahl von klinischen Tests, die der Diagnosesicherung eines Impingement-Syndroms an der Schulter dienen. Welche Tests allerdings ein zuverlässiges und valides Instrument der körperlichen Untersuchung eines Manualtherapeuten sind und sich somit zur Diagnosestellung eignen, das bedarf einer umfangreichen Sichtung und Auswertung von Studien, in denen die Tests im einzelnen untersucht werden.
Uta Pfäffle, MSc, PT-OMT, Fachlehrerin für Manuelle Therapie und KG-Gerät im Kaltenborn-Evjenth® Konzept der DGOMT e.V., hat zu diesem Thema eine Systematische Literaturübersichtsarbeit verfasst, die 2014 in der Zeitschrift Manuelle Therapie veröffentlicht wurde:
https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0034-1384617
Unterschieden wird beim Impingement Syndrom der Schulter zwischen einem externen und internen Impingement. Während es beim internen Impingement zu einem anterior-superioren, posterior-superioren oder anteriorem Einklemmen von intraartikulären Weichteilen zwischen Caput humeri und Glenoid kommt, liegt bei der beschriebenen Arbeit von Uta Pfäffle der Fokus auf dem externen Impingement. Hier kommt es zum Einklemmen von extraartikulären Weichteilen zwischen Humeruskopf und AC-Bogen. Betroffen sind die Bursa und die äußere Schicht der Rotatorenmanchette (RM). Die Ursache von den verschiedenen Impingement-Formen ist u.a. eine neuromuskuläre Fehlsteuerung der RM, Haltungsabweichungen sowie sekundäre Scapuladykinesien. Bei den klinischen Tests handelt es sich um passive Schmerzprovokationstests sowie um aktiv-funktionelle Tests, die durch Halte-oder Kraftverlust helfen, verursachende Strukturen zu identifizieren.
Uta Pfäffle konnte in Ihrer Übersichtsarbeit 26 Studien mit dem Evidenzgrad Ib (prospektiv/ follow up) und IIb (retrospektiv/ follow up) einschließen und verglich die Genauigkeit isolierter und kombinierter körperlicher Tests mit einem bildgebendem oder operativen Referenzstandard. Die eingeschlossenen Studien wurden von der Autorin hinsichtlich ihrer diagnostischen Genauigkeit mit dem QUADAS-Instrument (Quality Assessment Tool for Diagnostic Accuracy Studies) beurteilt. Sie erreichten einen Median von 9 Punkten auf der Quadas-Prüfliste, was einer ausreichenden methodischen Qualität entspricht.
Insgesamt wurden in den 26 eingeschlossenen Studien 26 Tests identifiziert. Diese setzten sich zusammen aus 5 passiven Provokationstests, 18 aktiv-funktionellen Manövern, 2 differentialdiagnostischen Verfahren und 1 strukturspezifischen Palpationstest. Zur besseren Vergleichbarkeit der klinischen Testergebnisse wurden die Parameter Sensitivität, Spezifität und positive sowie negative Likelihood Ratio (LR) evaluiert.
Besonders häufig wurden in den eingeschlossenen Studien hinsichtlich der passiven Testverfahren der Kennedy-/Hawkins-Test (38%) sowie der Neer-Test (35%) untersucht. Bei aktiven Testverfahren dominierten der Empty-Can-Test (35%), der Lift-Off-Test (27%), der Speed-Test (23%) sowie der Painful arc (23%).
Insgesamt erreichten 10 Tests eine positive LR (>10) und erhöhen somit die Wahrscheinlichkeit eines subacromialen Impingement- Syndroms (SIS)/ Rotatorenmanchetten-Läsion, 8 Tests erreichten eine negative LR (<0,1) und schließen somit die Diagnose aus. Die Interrater-Reliabilität, die neben der Validität zusätzlich in drei Studien untersucht wurde, zeigte sich hier als ausreichend zuverlässig.
Gute Ergebnisse für die Diagnosesicherung eines SIS und die Identifizierung verursachender Strukturen zeigen vor allem die passiven Schmerzprovokationstests Neer-Test und Kennedy-Hawkins Test (Differenzierung subacromial und/oder subkorakoidal) und die aktiv-funktionellen Manöver Lift-Off Test, Empty-can Test, Speed Test und der Painful arc (Differenzierung verursachender Knochen- und Weichteilstrukturen):
- Neer-Test: Bei gehaltener Scapula wird der gestreckte Arm leicht abduziert und innenrotiert und passiv bis 120° in Anteversion geführt.
- Kennedy-Hawkins Test: Bei gehaltener Scapula wird der flektierte Arm passiv in 90° Abduktion in Innenrotation geführt.
- Lift-Off Test: Der Arm soll aktiv auf Taillenhöhe von der LWS abgehoben werden.
- Empty-can Test/ Jobe Test: Der 90° abduzierte und 30° horizontal adduzierte Arm soll von dem Patienten aktiv in IR gehalten werden.
- Speed-Test (Test LBS): Der im Ellenbogengelenk leicht gebeugte Arm soll bei maximaler Supination gegen Widerstand flektiert werden.
- Der Painful arc testet zwischen 60°-120° das Glenohumeralgelenk und zwischen 120°-180° das ACG.
Zur validen Identifizierung eines SIS im Allgemeinen eignen sich außerdem der Yocum-Test, AR-Widerstandstest, 0°-Abd-Widerstandstest, Drop-Arm-Test, Internal-Rotation Lag sign, Bear Hug Test, Belly-press und Belly-off Test sowie das Patte-Manöver und der Rent-Test als zuverlässiger Palpationstest.
Fazit:
Bei exakter standardisierter Durchführung und Beurteilung der Bewegungsprüfung unter Berücksichtigung der Anamnese und des Verletzungsmechanismus´ eignen sich die klinischen Impingement-Tests mit einer Sensitivität/ Spezifität von 60-90% zur klinischen Diagnosestellung eines SIS. Einzeln angewandte Tests liefern allerdings aufgrund ihrer Vieldeutigkeit in der Zuordnung keine zuverlässigen und reproduzierbaren Ergebnisse.